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Version vom 1. November 2022, 17:54 Uhr
Webarten
In Verbundwerkstoffen sind die Verstärkungsfasern in eine Kunstharzmatrix eingebettet. Die Verstärkungsfasern liegen häufig in Form von Geweben vor.
Gewebe sind durch die rechtwinkelige Verkreuzung der beiden Fadensysteme (Kette und Schuss) gekennzeichnet. Die Art und Weise, wie sich diese Fäden kreuzen, wird Bindung genannt. Zusammen mit der Einstellung (Anzahl der Fäden pro cm) und dem eingesetzten Faserstoff bestimmt die Bindung die Eigenschaften der Gewebe. Überwiegend werden die einfachen Grundbindungen wie Leinwand, Köper und Atlas angewandt.
Leinwand
Die einfachste Gewebebindung ist die Leinwandbindung (englisch: plain) mit der engsten Verkreuzung von Kette und Schuss. Durch die gleichmäßige Verkreuzung beider Fadensysteme entstehen zwei identische Warenseiten.
Bindungsformel: L 1/1
Köper
Unter den Köperbindungen (englisch: twill) gibt es eine Vielzahl von Variationen.
Charakteristisch für die Köperbindungen sind die schrägen, parallel verlaufenden Linien (Köpergrat), die durch die Aneinanderreihung der Bindungspunkte (Kreuzungspunkte von Kette und Schuss) gebildet werden. Köperbindige Gewebe können, wie bei der Leinwandbindung, zwei gleiche Warenseiten aufweisen. Durch die Köperbindung entstehen Kräfte im Gewebe in Köpergratrichtung, die bei nicht ausgewogenem Laminataufbau zu Spannungen bis zum Verbiegen von Laminaten führen können. Um diese Kräfte aufzuheben, wird häufig die Kreuzköperbindung (englisch: crowfoot) verwendet, bei welcher sich die Köpergratrichtung ständig ändert.
Bindungsformel: K 1/2, K 2/2, K 1/3.
Atlas
Für Verbundwerkstoffe werden nur zwei Grundformen des Atlas (englisch: satin) angewandt. Um diese Gewebebindungen herstellen zu können, benötigt der Weber mindestens 5 bzw. 8 Schäfte (englisch: harness). Daher wird im englischen Sprachraum auch von “five” bzw. “eight harness satin” gesprochen. Die Bindungspunkte berühren sich nicht mehr wie bei der Leinwand- und Köperbindung, sondern liegen entsprechend einer bestimmten Ordnung im Bindungsrapport verteilt. Auf der rechten Gewebeseite sind 80 % der Kettfäden und nur 20 % der Schussfäden sichtbar, wohingegen auf der linken Gewebeseite 80 % der Schussfäden und nur 20 % der Kettfäden sichtbar sind (5-bindiger Atlas).
Bei dem 8-bindigen Atlas ist das Verhältnis entsprechend: 87,5 % : 12,5 %.
Bindungsformel: A 1/4, A 1/7.
Texte nach Focus 1/90 / Akzo Faser AG, Wuppertal
Verformbarkeit
Wie eingangs erwähnt, bestimmt neben der Faserart und der Fadendichte die Bindung des Gewebes die wesentlichen Eigenschaften und damit das Anwendungsgebiet des Gewebes.
Aufgrund der häufigen Fadenverkreuzung ist die Schiebefestigkeit eines Gewebes allgemein bei einer Leinwandbindung größer als bei Geweben mit Köper oder Atlasbindung. Die Handhabung im nicht imprägnierten Zustand ist daher wesentlich einfacher. Fadenverschiebungen, die zur Leistungsminderung im Verbundwerkstoff führen, treten kaum auf.
Schiebefestigkeit / Handhabung:
Leinwand ➝ Köper ➝ Atlas
Eine häufige Fadenverkreuzung führt aber zu einer schlechteren Drapierfähigkeit (Verformbarkeit) des Gewebes bzw. des Prepregs. Konturen lassen sich daher besser mit einem 8-bindigen Atlas als mit einem leinwandbindigen Gewebe gestalten. Auch führt die häufige Fadenverkreuzung bei einer Leinwandbindung zu vielen Abweichungen der Kett- und Schußfäden von der geraden Garnachse. Die Garne liegen wellenförmig im Gewebe, was die Ausnutzung der Garnzug- und Druckfestigkeit im Verbundwerkstoff leicht reduziert.
Zusammenfassung
Abschließend kann man sagen, dass die Leinwandbindung für Flachlaminate oder für unkomplizierte Formteile geeignet ist. Für kompliziertere Geometrien eignen sich die drapierfähigen Köper- oder Atlasbindungen meist besser. Zudem weisen sie weniger Fadenverkreuzungen auf und ergeben somit im Laminat bessere mechanische Eigenschaften.
Einfluß der Webart auf Festigkeit und Steifigkeit
Neue Produkte
Neben textilen Geweben in Leinwand-, Köper- und Atlasbindung haben sich seit einigen Jahren auch Spezialprodukte z.B. für den Schiffbau, Windkraftflügel und Sportgerätebau etabliert. Zu ihnen zählen folgende, von R&G angebotene Verstärkungsmaterialien:
- Unidirektionale Gelege (einlagig)
- Multiaxiale Gelege (biaxal = zweilagig, triaxial = dreilagig, quadraxial = vierlagig)
Die Fasern werden in diesen Gelegen nicht miteinander verwebt, sondern durch ein Haftfadengitter oder einen Nähfaden gehalten. Die einzelnen Fasern liegen flach, gerade und parallel und können so exakt in Lastrichtung verlegt werden. Damit ergeben sich saubere Kraftverläufe, bei denen keine Knickbrüche auftreten können, wie man sie von gewebten Produkten kennt. Die einzelne Faser dadurch ihre optimalen mechanischen Eigenschaften zeigen.
Die Unterschiede zwischen Geweben und Gelegen
Gewebe: welliger Faserverlauf, erhöhter Harzanteil an den Kreuzungspunkten
Gelege: gestreckter Faserverlauf, keine Kreuzungspunkte, geringerer Harzanzteil
Zusätzlich ergeben sich erhöhte Faseranteile mit folgenden Vorteilen:
- Höhere Festigkeit und Steifigkeit
- Bessere Schlagfestigkeit
- Weniger Ermüdungsbrüche
- Geringere Härtungsschwindung
- Harzersparnis
Biaxiale Gelege
Bei den Biaxialgelegen sind zwei Lagen im Winkel von ± 45 ° verlegt, so dass es sehr einfach ist, Torsionslagen z.B. für Propeller, Bootsrümpfe etc. zu verarbeiten. Das mühselige und unökonomische Schneiden diagonaler Lagen entfällt.
Kohlefaser-Biaxialgelege Glasfaser-Biaxialgelege Handlaminiertes Bauteil aus Kohlegelege 100 g/m² biaxial jeweils mit dünnen Haltefäden.
Hersteller: WingsAndMore
UD-Gelege
Vollkommen flach liegendes unidirektionales Kohlefasergelege
Unidirektionales Kohlefasergelege mit Haftfadengitter aus PET
Spread Tow
Hierbei handelt es sich um gespreizte Garne, die als Faserbänder vorliegen und als UD-Gelege oder Gewebe in Leinwandbindung angeboten werden. Nähere Informationen hier im Wiki.
Weitere Produkte
Neben Geweben und Gelegen sind auch Vliese und Matten, Rovings, Bänder und Schläuche, geschnittene und gemahlene Fasern erhältlich.